Zwischen Natur und Kultur
Sulamith Tamborriello

Zwei Roboter, die zusammen philosophieren. Gruselig? Genau das findet man in der Ausstellung NATUR: Ein Rasenmähroboter und ein Hunderoboter diskutieren über die Grenzen zwischen Kultur und Natur. Der Argwohn dieser Szene gegenüber ist gross. Kein Wunder: Roboter sollen viele Tätigkeiten des Menschen ersetzen. Man denke nur an die Neuerscheinung von ChatGPT. Beim Hunderoboter scheiden sich die Geister. Oft hören wir die Frage: Was soll der in einer Ausstellung zum Thema Natur?
Unsere (künstlichen) Gefährten
Dabei sind wir Menschen es auch selbst, die die Natürlichkeit der Roboter vorantreiben. Wir geben unseren Autos und Rasenmähern Namen und kleben unseren Küchengeräten Bastelaugen auf, um ihnen ein niedliches Antlitz zu verleihen. Wir streicheln unserem Laptop über den Desktop-Rücken, wenn er Störungen hat. Die Vermittlungspersonen, die den Hunderoboter betreuen, befehlen «Platz!» und sagen «braver Hund!», wenn er sich nach dem Akkuwechseln wieder hinlegt.
Trotzdem erschrecken sich die Besucher:innen ab dem plötzlichen Aufstehen des mechanischen Hundes und begegnen dem künstlichen Gefährten mit einer Art Abscheu. Gleichzeitig ist er weitaus faszinierender als der Rasenmähroboter. Ist der Hund mehr Natur als der Rasenmäher, weil er mehr aussieht wie das Tier, dem er nachempfunden wurde? Oder ist er weiter weg davon, natürlich zu wirken, weil er sich mehr in den direkten Vergleich begibt – und dabei scheitert?
Grenzen der Kultur – oder Grenzen der Natur?
Die Grenzen seiner Natürlichkeit und gleichzeitig seiner Technik zeigen sich in der Abhängigkeit von uns: Der Akku muss fünf Mal täglich gewechselt und der Motor musste schon einmal ganz ersetzt werden. Vor kurzem ist er nach einer Laufzeit von vier Monaten ganz ausgestiegen und ist aktuell in Wartung. Die Frage, wo die Grenze zwischen Natur, Kultur und Technik verläuft, wird er dann in einigen Wochen weiter mit dem Rasenmäher diskutieren können.
Bis dahin müssen wir uns gedulden – und die Frage vielleicht mit anderen künstlichen Gefährten, die uns im Alltag begleiten, ausloten. Wie wäre es zum Beispiel mit der Zahnprothese? Oder der elektrischen Maus, mit der die Hauskatze spielt? Auch die ahmen etwas nach, was sie nicht sind – und können sicher genauso gut über diese Fragen diskutieren wie unser Roboterhund.