Wir konnten auch anders
Nachhaltigkeit ist ein verhältnismässig neuer Begriff. Im Mittelalter kannte ihn noch niemand. Das heisst aber nicht, dass die Prinzipien der Nachhaltigkeit damals noch unbekannt waren – im Gegenteil. Die Historikerin Annette Kehnel findet unzählige Beispiele dafür, wie die Menschen im Mittelalter aus heutiger Sicht «nachhaltig» lebten. Sie erzählt von Minimalist:innen, die freiwillig mit möglichst wenig Geld auskamen, Berufsreperateur:innen, die auf Messen ambulant alles Mögliche flickten, Fischer:innen, die gemeinsam nach Wegen suchten, die Fischbestände stabil zu halten – und vielem mehr. Der Beweggrund für solch «nachhaltiges» Handeln, war meist ein einfacher: Das eigene Überleben und das der kommenden Generationen zu sichern.
Natürlich fordert Kehnel nun nicht, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und wieder so zu leben wie im Mittelalter. Viel mehr lädt sie mit ihrem Buch zum Gedankenspiel: Wie würden die damaligen Menschen auf unsere heutige Situation blicken? So bietet Wir konnten auch anders den Leser:innen die Möglichkeit zum Perspektivenwechsel und horizonterweiternden (fiktiven) Austausch mit unseren vormodernen Vorfahr:innen. Dabei wird einmal mehr deutlich: Nichts muss so sein, wie es ist, die Gegenwart lässt sich gestalten. Deshalb ist Annette Kehnel auch überzeugt: «Geschichte ist gut gegen Zukunftsangst».
Annette Kehnel: Wir konnten auch anders. Eine kurze Geschichte der Nachhaltigkeit. 2021, Blessing Verlag. Gebunden, 496 Seiten.