«Für eine Lüge fehlt mir der Mut»
Frau Fetz, sind Sie eine gute Lügnerin?
Anita Fetz: Das müssen andere beurteilen. Aber ich sage im Alltag sicherlich nicht immer die ganze Wahrheit. Das sind Höflichkeitslügen. Statt dass ich jemandem sage, ich hätte auf seine langweilige Veranstaltung gar keine Lust, schiebe ich andere Verpflichtungen vor. Ich finde das aber legitim, das ist sozialer Kitt. Man muss ja dem andern nicht immer alles in aller Brutalität sagen.
Gerhard Pfister: Diese Art von Lüge kenne ich auch. Ich fürchte mich halt vor dem Unangenehmen. Und dann bin ich – wohl manchmal zu sehr – bereit, nichts oder nur die Halbwahrheit zu sagen. Ich glaube, Max Frisch hat mal gesagt, man könne dem anderen die Wahrheit wie ein Tuch über die Schultern legen oder wie ein nasses Handtuch ins Gesicht schlagen.
Und Sie sind eher derjenige, der das Tuch nimmt?
Pfister: Ja, auch weil ich mir selbst so weniger Probleme bereite.
Nun, das Lügen müsste Ihnen beiden aber in die Gene eingeschrieben sein. Laut der Befragung des Stapferhauses und der Sotomo-Forschungsstelle unter der Schweizer Bevölkerung sind Politiker die Berufsgattung, die am häufigsten lügt.
Pfister: Ich halte das für ein Klischee, ein Klischee, für das wir Politiker auch selbst verantwortlich sind. Oft sagt einem der politische Gegner: «Du lügst!» Dabei meint er nur, man habe eine andere Ansicht. Und die Öffentlichkeit macht den Fehler, dass man Wahlversprechen wörtlich nimmt, obwohl sie differenzierter geäussert worden sind. Gerade heute ist es als öffentliche Person unglaublich schwierig, eine Unwahrheit über längere Zeit aufrecht zu erhalten. Wir sind dermassen unter Beobachtung.
Fetz: Wir sollen diejenigen sein, die am häufigsten lügen? Das ist doch Fake. Das ist so wenig wahr wie die Behauptung, alle Manager seien Abzocker.
Machen Sie es sich jetzt nicht ein bisschen einfach? Von Christoph Blocher stammt der Satz: «Es gibt in der Politik Situationen, in denen man lügen muss.» Er hat ja auch mehrfach bewiesen, dass er diese Kunst beherrscht.
Fetz: Es gibt Situationen, in denen man nicht die ganze Wahrheit sagen kann. Es gibt, etwa in Kommissionen, Momente, in denen man der Öffentlichkeit Dinge vorenthalten muss. Ich bin ja in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben im Ständerat, die diesen Deal zwischen der Steuer- und der AHV-Reform gemacht hat. Da konnten wir über Wochen nichts sagen, um die Lösung nicht zu gefährden.
Wann haben Sie das letzte Mal eine politische Lüge geäussert, Herr Pfister?
Pfister: Etwas zu sagen und zu wissen, dass das brandschwarz gelogen ist, dafür fehlt mir der Mut. Wenn ich etwas verschweige, stelle ich mir immer vorher die Frage, ob ich das rechtfertigen kann, wenn es denn an die Sonne kommen sollte. Ein einfaches Beispiel: Bei mir werden Alltagsfehler anders beurteilt. Ich fahre deshalb nie im angetrunkenen Zustand. Ich würde kein Argument finden, um dies zu rechtfertigen. Und noch etwas zu Christoph Blocher: Er kann es sich leisten, auch mal zu lügen, wegen seiner gesicherten Machtposition und seiner finanziellen Unabhängigkeit.
Ist es nicht schon eine Lüge, wenn man vor den Mikrofonen der Medien einen Teil der Wahrheit bewusst verschweigt?
Pfister: Nein.
Fetz: Vor allem heute nicht, wo man in den Medien alles in zwanzig Sekunden sagen muss. Man kann ja die Themen nur noch in Schlagworten behandeln.
Pfister: Es gibt eine Tendenz, in der Öffentlichkeit Aufrichtigkeitsgesten zu vollführen. Es gibt Parteien, die schliessen Verträge mit dem Volk ab. So läuft aber Politik nicht. Natürlich muss man feste Grundsätze haben, aber zugunsten einer Lösung muss man auch ein bisschen davon abweichen können.
Vor allem die Schweizerische Politik funktioniert nach diesem Prinzip.
Pfister: Ja, aber die Populisten meinen, sie seien die einfachen, ehrlichen Leute, die kein Jota von ihren Grundsätzen abweichen. Und diejenigen, die dies zugunsten einer Lösung tun, sind dann die Lügner. Das ist doch ein simplifizierter Wahrheitsbegriff. Aber so wird natürlich auch etwas schnell zu einer Lüge, das keine Lüge ist.
Ist das neu?
Fetz: Es ist verschärft durch die extreme Medialisierung der Politik. Aber auch in den 1980er-Jahren gab es sehr scharfe politische Auseinandersetzungen in der Schweiz. Damals wurde die Einführung der Bundespolizei diskutiert und der Fichenskandal. Ich war auch überwacht worden und fand mich in einer Extremistenkartei wieder. Das hat meinem Verhältnis zum Rechtsstaat einen Knicks gegeben. Nein, ich denke, in der Politik ist eher die selektive Wahrnehmung und das Verschweigen das Thema als die Lüge.
Nun gut. In dieser Umfrage sagen die Leute auch, dass sie sich von Ihrer Berufsgattung am meisten Wahrhaftigkeit wünschten. Umso grösser ist die Enttäuschung. Wie gehen Sie damit um?
Pfister: Ich lasse das schlechte Image nicht an mich rankommen. Weil ich es anders erlebe. Ich sehe es zwar in den Umfragen, aber auf der Strasse, im Kontakt mit den Menschen, erfahre ich sehr viel Wertschätzung. Darum ist mir das schlechte Image einerlei.
Fetz: Das kann ich bestätigen. Ich gehe ohnehin lieber auf die Gasse und treffe reale Menschen, dieses Gekeife in den sozialen Medien, das erspare ich mir. Ich bin nicht auf Twitter und auch nicht auf Facebook. Und auf der Gasse sagen mir viele, sie seien froh, dass es in der heutigen Zeit überhaupt noch Menschen gebe, die in die Politik gehen. Die Auswirkungen auf das persönliche Umfeld sind gewaltig. Ich meine, unser schlechtes Image ist Ausdruck einer allgemeinen Ratlosigkeit – und von der Politik erwartet man die Lösungen gegen diese Unübersichtlichkeit, die man selbst nicht hat.
Pfister: Der Politiker ist halt eine Projektionsfläche – und damit eine hervorragende Zielscheibe für Frustrationen.
Fetz: Diese Frustrationen werden auch genährt von den Lebenslügen, die jedes Land hat. Eine Lebenslüge der Schweiz ist ihre behauptete Unabhängigkeit. Dabei haben wir tausende von multinationalen oder bilateralen Verträgen und die meisten Grossunternehmen gehören längst Ausländern.
Pfister: Das sehe ich anders. Das ist für mich im Gegenteil eine Leistung des Kleinstaats Schweiz, der eine erstaunlich grosse Unabhängigkeit aufweist. Aber, Sie sehen, ich sage jetzt nicht zu Anita: «Du lügst!» Ich sehe es nur anders. Diesen Satz müssten wir in der Politik häufiger sagen.
Fetz: Genau.
Pfister: In der Politik gibt es keine Wahrheit. Politik bewertet Fakten einfach unterschiedlich.
In der Umfrage sehen 84 Prozent der Befragten durch das vermehrte Aufkommen von Lügen und Falschnachrichten, vor allem in den sozialen Medien, die Demokratie bedroht. Teilen Sie diese Ansicht?
Pfister: Das ist wieder eine Verwechslung des Mediums mit der Message. Heute kann jeder seine Meinung viel leichter einer grossen Menge kundtun. Das ist erstmal gut. Natürlich führt das auch zu Übertreibungen. Aber in zehn Jahren werden wir auch eine digitale Gesprächskultur entwickelt haben. Da müssen wir jetzt noch fest üben. Ich bin auch ein leidenschaftlicher Twitterer. Es ist ein hervorragendes Medium, um zu streiten – wenn auch nicht um zu diskutieren. Die sozialen Medien bedrohen aber mitnichten die Demokratie.
Fetz: Für mich ist es zwiespältiger. Wir haben heute eine totale Empörungskultur. Statt miteinander zu reden, schreit man sich am Bildschirm an.
Vielleicht meinen die Leute das, wenn sie sagen, die Demokratie sei bedroht. Vielleicht meinen sie, die Gemeinschaft sei durch diese neue Gesprächsunkultur bedroht.
Fetz: Also ich finde das gefährlich für die Demokratie. Wenn man alle gegeneinander aufgebracht hat, ist es relativ einfach, mit viel Geld und Populismus politische Mehrheiten zu gewinnen. Das kennt man aus der Gruppenpsychologie. Und die Algorithmen von Facebook und anderen sind ja so designt, dass sie Empörung bewirtschaften, weil dies am meisten Traffic und also Werbung generiert. Diese Algorithmen sind aber privat, sie gehören Grosskonzernen. Ich bin überzeugt, dass man in den nächsten zehn Jahren diese Tech-Monopole zerschlagen muss – so wie man es mit der Ölindustrie machen musste.
Herr Pfister, ist das eine linke Verschwörungstheorie?
Pfister: Als konservativer Mensch bin ich da nicht so kulturpessimistisch. Man darf sich nicht zu sehr beeindrucken lassen, wenn einem etwas fremd ist. Gerade bei den Jungen sehe ich, dass sie medial viel erfahrener sind als wir. Die Peinlichkeiten in den sozialen Medien passieren eher den Älteren.
Frau Fetz, die Umfrage stellt fest, dass «Gutgebildete und Linksstehende vermehrt der Ansicht sind, dass es eine ‹richtige› Lösung gäbe, die sich aufgrund einer Mehrheit von ‹Ignoranten› nicht durchsetzen lässt». Empfinden Sie auch so?
Fetz: Nein. Ich verkehre aber auch nicht nur mit Linken.
Pfister: Ich finde das interessant. Es gibt diesen Typus Mensch, der meint, alles sei eine Frage der Bildung. Und wer nicht so gebildet ist, ist einfach ein Idiot, der es nicht besser weiss. Und dieser Typus ist schon eher bei den Linken zu finden. Der Linke hat da vielleicht ein optimistischeres Menschenbild als ich. Er glaubt, er könne die Menschen allein durch die Vermittlung von Wissen vom Richtigen überzeugen.
Und das ist falsch?
Pfister: Es ist nicht realistisch.
Fetz: Es funktioniert leider nicht. Bis Mitte dreißig habe ich auch geglaubt, alle Menschen seien gut – und alles sei nur eine Frage der sozialen Verhältnisse und der Bildung.
Wie stellen Sie sicher, dass Sie nicht nur in Ihren eigenen Kreisen – in Ihrer Bubble – verkehren?
Fetz: Indem ich mich in meinem Job in ganz anderen Welten bewege als in der Politik oder dass ich eben auf die Gasse gehe. Mein Motiv, in die Politik zu gehen, ist ja nicht nur, die Schweiz zu verbessern, sondern mich auch für Menschen einzusetzen. Und ich habe einen bunten Freundeskreis. Mir macht es einfach Spass, mit Leuten live zu diskutieren.
Pfister: Ich lese bewusst konträre Medien. Was ich immer mehr verachte, ist die Forumspresse, die so tut, als hätte sie keine eigene Meinung – ausser diejenige der Objektivität. Und natürlich hilft mir auch der Beruf, zu dem ich jetzt als Parteipräsident nicht mehr komme. Aber bis vor Kurzem hatte ich noch morgens ein Gespräch mit einem Bundesrat und nachmittags als Schulleiter einen liebeskranken Schüler vor mir. Das erdet.
Wie spüren Sie in der Politik diese Erosion des Dialogs?
Pfister: Ein Beispiel: Als ich 2003 in den Nationalrat kam, behielt ich mir in den Kommissionen immer vor, aufgrund der Diskussion zu entscheiden. Heute sind die Kommissionssitzungen im Nationalrat Vorwegnahmen der Plenumssitzungen. Jede Delegation bespricht vorher, wer redet, der Rest zieht sich hinter den Laptop zurück. Die Meinungen sind schon vor der Sitzung gemacht, keiner weicht mehr ab. Es wird praktisch nicht mehr zugehört, geschweige denn werden die Argumente abgewogen. Im Nationalrat selbst gehört das Dialogische schon lange der Vergangenheit an.
Fetz: Im Ständerat ist das noch anders. Das macht es auch deutlich interessanter. Aber der Ständerat liegt im Windschatten der Medien. Und es gibt niemanden im Ständerat, der das bedauert.
Und an diesen Zuständen im Nationalrat sind nur die Medien schuld?
Pfister: Die Schweizerische Demokratie war bis zu den 1990er-Jahren eine Verhandlungsdemokratie. Der Vorort, die Gewerkschaften haben etwas gesagt, und dann hat man es gemacht. Das wurde durch die SVP aufgebrochen, die diesen stillschweigenden Verhandlungskonsens infrage gestellt hat. Da wurde es für die Mitteparteien besonders schwierig. Denn in der Mitte ist das Einerseits-andererseits-Programm. Mit so einer Haltung verliert man heute aber an Profil.
Was ist die Lösung?
Pfister: Gerade die Mitte muss in diesem medialen Thesenwettbewerb mehr Kante zeigen – und gleichzeitig wissen, dass die Wahrheit differenzierter ist. Das ist natürlich ein Spagat.
Ich würde sagen, das ist pervers. Die Schweiz ist doch eigentlich das Land der konservativen Mitte.
Pfister: Das war mal so. Man kann das bedauern. Fakt ist, dass die Wähler mehrheitlich diejenigen bevorzugen, die Eindeutigkeit vorspielen. Gerade als Parteipräsident passiert es mir viel häufiger, dass ich klarer rede als es in Tat und Wahrheit eigentlich ist.
Das macht Ihnen keine Bauchschmerzen?
Pfister: Nein. Ich vereinfache die Realität – damit man wenigstens eine Meinung hört. Ich muss diese Ambivalenz aushalten.
Fetz: Das ist bei meinem Präsidenten nicht anders. Manchmal sagt er Dinge, da schlucke ich nur leer. In der nächsten Sitzung sage ich es ihm dann. Nehmen wir die staatliche Anerkennung des Islams, die er vorgeschlagen hat. Da bin ich ganz anderer Meinung.
Laut dieser Umfrage lügen Rechte mehr als Linke. Stimmt das, Herr Pfister?
Pfister: Das kann ich fast nicht glauben, da muss die US-amerikanische Präsidentschaft eine Rolle spielen. Aber was wahr ist: Die linken Ideale sind leichter zu vermitteln als die rechten. Die Linken haben etwa den Vorteil, dass sie für Gerechtigkeit sind. Der linke politische Wortschatz kennt schönere Worte. Da bin ich als Bürgerlicher manchmal neidisch.
Ist Präsident Trump, der nachweislich durchschnittlich über sechsmal pro Tag die Unwahrheit sagt, für Ihre Berufsgattung ein Problem?
Fetz: Natürlich. Und es ist ja nicht nur Trump. Bei ihm ist man bloss besonders alarmiert, weil er eine Weltmacht vertritt. Nur, das alles ist ja auch Ausdruck eines allgemeinen Gefühls. Mit wem man auch spricht, alle meinen, etwas sei grundsätzlich aus der Balance.
Sie nicken, Herr Pfister?
Pfister: Wir leben in einer Zeit, in der sich viele Achsen verschieben. Die Welt verändert sich auf eine ganz dramatische Weise. Deshalb auch dieses Misstrauen und das Bedürfnis nach Orientierung. Man traut fast niemandem mehr. Dass der Arzt in dieser Umfrage am meisten Vertrauen geniesst, wundert mich deshalb gar nicht. Wir sind in einer gewaltigen Umwälzung.
Fetz: Und dann driften Reich und Arm immer weiter auseinander. In der Schweiz ist es nicht so schlimm, weil wir ein reiches Land sind, wo die Umverteilung noch einigermassen funktioniert. Dazu kommt die Digitalisierung, die mich an die erste Industrialisierung erinnert. Damals verängstigte das Tempo die Menschen. Und heute ist es einfach noch schneller. Dazu kommt die Klimaveränderung. Das alles verunsichert die Menschen enorm.
Und dieses Gefühl führt dann dazu, dass in dieser Umfrage mehr als jeder fünfte Schweizer meint, die Türme in New York seien 2001 von der Regierung Bush gesprengt worden, um den Einmarsch im Irak zu rechtfertigen? Das ist doch höchst absurd.
Fetz: Mich hat das nicht gewundert. Ich glaube zwar nicht, dass es der CIA war. Aber ich schliesse nicht aus, dass da bloss al-Qaida beteiligt war. Die Saudis hatten wohl auch ihre Hände im Spiel. Und wenn man weiss, was der CIA sonst schon gemacht hat, wie etwa Geheimgefängnisse oder Regierungsputsche, dann kann man nichts ausschliessen.
Pfister: Es gibt ein gutes Buch von Umberto Eco über Verschwörungstheorien. Und er prägt darin den Begriff der «unendlichen Symbiose». Wenn man genug lang rumspielt, findet man hinter allem ein Muster. Da sieht man dann im Staub der zusammenfallenden Twin Towers eine Teufelsmaske. Und die Leute, die sich die Wirklichkeit so zurechtlegen, gab es schon immer.
Ein Fünftel der Bevölkerung? Ich bitte Sie.
Pfister: Sie sich einfach nicht öffentlich gezeigt. Jetzt sind diese Theorien publik – und können deshalb auch ad absurdum geführt werden.
Fetz: Aus der jüngsten Geschichte stammt eine der übelsten Lügen von Präsident Bush, der sagte, der Irak habe Massenvernichtungswaffen und dann losschlug. Der Nahe Osten sähe heute anders aus, hätte das damals niemand geglaubt. Wer aber so lügt, dem traut man vieles zu.
Pfister: Das sind wirklich Lügen.
Nun haben viele Menschen Mühe, im Internet Wahrheit und Lüge auseinanderzuhalten. Wie machen Sie das?
Pfister: Da bin ich ganz klassisch. In den sozialen Medien glaube ich gar nichts. Und selbst ein Wikipedia-Eintrag ist für mich keine vertrauenswürdige Quelle. Da bin ich froh, dass ich Bücher habe. Ich glaube dem gedruckten Wort.
Fetz: Wenn ich die Quelle im Netz nicht kenne, vertraue ich ihr nicht. Beim Bewegtbild aber bin auch ich oft ratlos. Da wird so viel manipuliert.
Pfister: So wie unsere Kultur lesen und schreiben gelernt hat, wird sie auch lernen, mit der Digitalisierung umzugehen.
Wir kommen nun also zum ach so versöhnlichen Schluss, dass wir in die Bildung investieren müssen.
Fetz: Ich bin ja keine Pessimistin, aber ich weiss nicht, ob wir da so gelassen sein können. Das Tempo der Digitalisierung überfordert uns doch alle. Die Bildung wird der Technik immer hinterherhinken.
Pfister: Die Technik gibt aber auch Möglichkeiten. Der Lehrer wird sich halt vielmehr ums Analoge kümmern müssen, ums Physische und ums Soziale. Bezeichnend ist doch, dass alle diese Silicon-Valley-Milliardäre ihre Kinder in Schulen schicken, wo Handys verboten sind. Die Defizite liegen heute im Natürlichen, im Authentischen, darum müssen wir uns kümmern.
Fetz: «Hightech braucht Hightouch», sage ich immer. Der Mensch muss sich an etwas sehr Realem festhalten können. Er hält die Welt sonst nicht aus.